Prof. Dr. Sigrun Smola
Über
Persistierende Virusinfektionen sind eine häufige Ursache für schwerwiegende Krankheiten wie Krebs oder Organschäden. Viele virale Infektionskrankheiten könnten durch vorbeugende Impfungen verhindert werden. Dies setzt jedoch die Verfügbarkeit solcher Impfstoffe und eine hohe Akzeptanz der Impfung in der Bevölkerung voraus. Haben sich die Viren erst einmal im Körper etabliert, sind meist andere Strategien zur Bekämpfung der Infektion und der daraus resultierenden Krankheiten erforderlich.
Die Arbeitsgruppe von Prof. Smola konzentriert sich auf DNA-Viren, insbesondere auf humane Papillomviren (HPV), die verschiedene menschliche Epithelien infizieren und darin persistieren können. Sie verursachen weltweit 5% aller Krebserkrankungen, wie Gebärmutterhalskrebs und andere Krebsarten im Anogenital- und Oropharynxbereich. Seit HPV-Tests in Screening-Programme für Gebärmutterhalskrebs aufgenommen wurden, können nun viel mehr persistierende HPV-Infektionen, die bereits zu potenziellen Krebsvorstufen fortgeschritten sind, entdeckt werden. Dies und die steigende Zahl diagnostizierter Oropharynxkarzinome, die durch diese Tumorviren sowohl bei Männern als auch bei Frauen verursacht werden, hat den Bedarf an HPV-spezifischen Therapien deutlich erhöht.
Neben den Papillomviren hat die Arbeitsgruppe Smola auch mit der Untersuchung des verwandten BK-Polyomavirus begonnen, das zu Organversagen führen kann, insbesondere bei Empfängern von Nierentransplantaten. Ziel der Forschung ist es, die Replikation und Persistenz dieser Viren besser zu verstehen, um Wirkstoffe zu finden, die speziell gegen HPV- und BK-Polyomavirus-Infektionen gerichtet sind. Bislang gibt es jedoch keine geeigneten Tiermodelle für die Replikation der streng humanspezifischen Papillom- oder Polyomaviren. Dies liegt daran, dass sich die Viren in ihrer langfristigen Interaktion mit dem Wirt stark an das spezifische Wirtsgewebe angepasst haben. Deshalb hat die Arbeitsgruppe Smola dreidimensionale organoide und organotypische Zellkulturmodelle aus primären menschlichen Geweben mit den entsprechenden Wirtszelltypen etabliert. Diese Modelle ermöglichen nicht nur die Rekapitulation des viralen Lebenszyklus in spezialisierten epithelialen Wirtszellpopulationen in vitro, sondern auch die Analyse des Einflusses der lokalen Mikroumgebung und des Mikrobioms auf die Replikation und Persistenz des Virus.
Langfristiges Ziel der Arbeitsgruppe Smola ist es, diese Erkenntnisse zu nutzen, um in Zusammenarbeit mit den Spezialisten für Wirkstoffdesign, -optimierung und -delivery am Helmholtz-Institut für Pharmazeutische Forschung Saarland neuartige antivirale Medikamente für die Therapie von persistierenden HPV- und BK-Polyomavirus-Infektionen zu entwickeln.